Brennstoffzelle statt Gasbrenner? | Telepolis

2022-08-19 21:57:32 By : Ms. Stacy Zhang

Hamburger Unternehmen verspricht Mini-Blockheizkraftwerk für Einfamilienhäuser ohne bewegte Teile bis 2010

Während die Brennstoffzelle als Autoantrieb immer noch mit diversen Problemen zu kämpfen hat, soll es bei stationären Anlagen bald möglich sein, sich statt eines gewöhnlichen Heizkessels mit -brenner ein mit Brennstoffzellen arbeitendes Kleinkraftwerk in den Keller zu stellen.

Der klassische Ölbrenner ist zur Wohnungsheizung inzwischen so veraltet, wie es der Öl- oder gar Kohlezimmerofen 1980 war: Langsam wird klar, dass der Öl-Peak überschritten ist, die geförderten Mengen sinken und die Preise steigen werden. Außerdem ist die gesamte Kunststoffindustrie und der Automobilverkehr bislang weiterhin auf Erdöl als Rohstoff angewiesen, Alternativen sind deutlich aufwendiger.

Zentralheizungen mit Gasbrennern werden in neuen Einfamilienhäusern inzwischen stattdessen bevorzugt, wenn auch weniger aus Gründen der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die hier ebenso gegeben ist: Erdgas stammt ja aus denselben Lagern wie Erdöl. Das sogenannte Stadtgas, das bei der Verkokung von Kohle entsteht, ist dagegen vom Erdgas verdrängt worden und seit Jahrzehnten nicht mehr in Gebrauch – wegen der enthaltenen Kohlenmonoxidanteile war es besonders gefährlich. Die momentan noch teils günstigeren Preise von Gas gegenüber Öl sind keinesfalls von Dauer.

Grund für die aktuelle Bevorzugung von Erdgas ist vielmehr die einfachere Verbrennung und vor allem die entfallende Lagerhaltung: Während für einen Öltank üblicherweise ein ganzer Kellerraum abzuzweigen ist – im Garten vergrabene Öltanks werden aus Umweltgründen nicht mehr gerne verwendet, da Lecks stets zu spät entdeckt werden –, kommt das Gas aus der Leitung. Damit kann bei Billiglösungen sogar der Keller ganz eingespart und ebenerdig gebaut werden.

Das Risiko einer Gasexplosion ist zwar gegeben, entsteht aber meist eher in Mietshäusern durch Sabotage seitens Vermieter oder Mitmietern. In Eigenheimen und Unternehmen besteht nur bei Flüssiggas erhöhtes Risiko, das aber eher in abgelegenen Regionen verwendet wird, bei denen sich der Anschluss ans Gasnetz nicht lohnt.

Noch effektiver als die einfache Verbrennung, bei der inzwischen in Brennwertkesseln immerhin nur noch geringe Verluste auftreten, ist jedoch die Verwendung des fossilen Brennstoffs in einem Mini-Heizkraftwerk. Klassischerweise ist dies ein Ottomotor, der dann mit Gas betrieben wird und so mit einem mäßigen Wirkungsgrad deutlich unter 30% Strom erzeugt, doch dessen Verlustwärme zum Heizen benutzt wird. Überschüssiger Strom wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist, im Sommer, wenn die Abwärme des Motors nicht gebraucht wird, wiederum aus dem Stromnetz geholt.

Diese Art Mini-Kraftwerk hat allerdings einen klaren Nachteil: Ein Motor verschleißt infolge der bewegten Teile – auch wenn er als Heizung und Stromerzeuger mit weniger Lastwechseln als in einem Automobil auskommen kann, ist der jahrelange Dauerbetrieb nicht völlig trivial. Und er erzeugt natürlich Lärm – ein Keller ist hier wieder unumgänglich und selbst dann ist die Motor-Heizung deutlich lauter als ein ja auch nicht geräuschloser Ölbrenner – und Abgase, die ebenfalls etwas auffälliger sind als bei einem einfachen Öl- oder Gasbrenner.

Eine Brennstoffzelle erscheint deshalb als angenehmere Lösung – keine bewegten Teile, also kein Lärm, weniger giftige Abgase und weniger Verschleiß. Doch sie braucht eigentlich Wasserstoff und Sauerstoff als Treibstoff. Luft statt Sauerstoff ist kein Problem, doch mit Erdgas statt Wasserstoff ist kein direkter Betrieb möglich. Üblich ist die Aufspaltung in Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Wasserstoff, wobei das Kohlenmonoxid jedoch ein Problem darstellt: Es ist sehr giftig, für den Menschen ebenso wie die Brennstoffzelle und muss zusätzlich und getrennt zu Kohlendioxid verbrannt werden. In Kombination mit Wasser ist so zwar die Erzeugung von Wasserstoff möglich, doch auf klassische Art („WGS-Reaktion“) unter hohem Energieverbrauch und nicht in eigenheimtauglichen Lösungen. Katalysatoren sollen Abhilfe schaffen (Ein neuer Versuch mit Wasserstofftechnik und Brennstoffzellen), sind jedoch meist für Alkohol oder organische Feststoffe (Sind Nickel-Zinn-Katalysatoren die Zukunft?), nur selten für Erdgas als Treibstoff ausgelegt (Neue Kraftwerke?). Propan und Methanol, die für Kleinverbraucher wie beispielsweise Notebooks angedachten Lösungen (Die Vision des Notebook-PC mit Propan-Antrieb), sind für Heizzwecke entschieden zu teuer und wären wieder in Tanks oder als Flüssiggas zu lagern.

Obwohl die Brennstoffzelle bereits vor den heutigen Motor-Generator-Kraftwerken entwickelt wurde (Brennstoffzelle ist nicht gleich Brennstoffzelle), ist sie wie alle chemischen Prozesse, die ja auch in den Membranen von Batterien und Akkus ähnlich ablaufen, weder unproblematisch noch verschleißfrei. Die für die Verwertung von Erdgas geeigneten Solid Oxide Fuel Cells (SOFCs) arbeiten bei 1000°C und somit heißer als manche Öl- oder Gasheizung, auch funktionieren sie nur bei Vollast wirklich gut und müssen erst aufgeheizt werden. Schlecht im Frühjahr und Herbst, wenn man nur etwas Heizung braucht.

Die gegenwärtig in Entwicklung befindlichen Brennstoffzellen-Kleinblockheizkraftwerke für den wortwörtlichen Hausgebrauch setzen deshalb trotz der bestehenden Probleme lieber auf die katalytischen PEM- bzw. PEMFC-Zellen. So entwickelt die Firma European Fuel Cell in Hamburg, ein Tochterunternehmen des Heiztechnikkonzerns BAXI, ein 1,5 kW (elektrische Leistung, zusätzlich 3 kW Wärmeleistung) starkes System, das damit für ein Einfamilienhaus passend sein und ab 2010 marktreif sein soll. In Deutschland sollten dann jährlich rund 250.000 Geräte pro Jahr produziert werden können, so das Unternehmen, wenn auch vermutlich nicht nur von einem Hersteller.

PEM-Brennstoffzellen haben wegen ihrer niedrigen Betriebstemperaturen nur kurze Startzeiten und passen sich gut an den ständig wechselnden Leistungsbedarf in einem Wohngebäude an. Das Erdgas wird in einem Reformer zu Reformatgas umgesetzt, einer Mischung aus Kohlendioxid, Wasserstoff, Stickstoff und eben auch etwas Kohlenmonoxid, das die PEM-Zelle vergiftet und entfernt werden muss. In der Brennstoffzelle reagiert das Reformat mit Sauerstoff aus der Luft zu Kohlendioxid und Wasser, dabei entsteht elektrische Energie und Wärme.

Beim aktuellen Prototypen BETA 1.5 von European Fuel Cell werden die Leistungsspitzen im Wärmebedarf von einem ebenfalls mit Erdgas betriebener Zusatzwärmeerzeuger des Schwesterunternehmens August Brötje abgedeckt, der bis zu 15 Kilowatt Wärmeleistung beisteuern kann. Dieser Brennwertkessel ist in das Gerät integriert, so dass für die gesamte Anlage nur ein Abgassystem und ein Erdgasanschluss erforderlich sind. Es bedeutet aber auch, dass die Stromerzeugung bei kalten Temperaturen nur 1/10 des gesamten Energieumsatzes der Anlage darstellen wird.

Der gesamte Wirkungsgrad des Systems liegt bei 80 Prozent, der elektrische Wirkungsgrad bei knapp 30 Prozent, was über den Werten von motorgetriebener Blockheizkraftwerken oder Gasturbinen liegt und um ein gutes Drittel über dem Wirkungsgrad des heutigen Systems mit zentralen Elektrizitätswerken, bei denen zudem die erzeugte Wärme nutzlos verpufft und Flüsse oder Atmosphäre aufheizt. Momentan werden 15 der Prototypen im Feld – also in Musterhäusern – getestet. Nach dem BETA-Prototyp soll ein GAMMA-Prototyp folgen.

Ob die Firma es tatsächlich schafft, in gerade mal drei Jahren echte Marktreife zu erreichen und ein unproblematisches Kleinkraftwerk herzustellen, das man eines Tages vielleicht einfach im Baumarkt kauft so wie heute die Waschmaschine, in den Keller schleppt und anschließt, wird sich zeigen: Zunächst einmal dürfte die neue Technik noch deutlich komplizierter sein als ein Ölbrenner mit Tank und die Lebensdauer der Brennstoffzellen erreicht gerade erst 2000 Stunden, was einen regelmäßigen, teuren und energieaufwendigen Wechsel erforderlich macht, da die jährlichen Betriebszeiten auch bei warmen Sommern bei mehr als dem Doppelten liegen dürften. (Wolf-Dieter Roth)

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